IV. Personal- und Ressourcenmanagement


     

VUCA – eine neue Arbeitsrealität

Clara Ginther (Universitätsbibliothek Graz)

VUCA – eine neue ArbeitsrealitätMit dem Akronym VUCA wird ein Umfeld beschrieben, das als volatil, unsicher, complex und ambivalent (VUCA) charakterisiert werden kann. Das Konzept ist ursprünglich im amerikanischen Militär Ende des 20. Jahrhunderts entstanden und findet heute Anwendung in vielen Bereichen, wie zum Beispiel der Umschreibung von Arbeitsbedingungen und Arbeitsrealitäten in der Wirtschaft, dem Non-Profit Bereich und auch Bildungseinrichtungen.Bibliotheksarbeit findet in verschiedenen Arbeitsrealitäten statt. Es gibt nach wie vor noch traditionelle Bibliotheksarbeit, die stark von Routinen geprägt ist. Zum Teil findet Arbeit aber auch in einem Kontext statt, der volatil, unsicher, complex und ambivalent ist. Dies betrifft im Besonderen Arbeitsbereiche wie elektronisches Ressourcenmanagement, IT-Services und Publikationsberatung. Zum Beispiel im Bereich des Open Access und der Open Science gibt es Volatilität durch beschleunigte Veränderungsprozesse woraus die Farbvielfalt an Open Access entstanden ist; Unsicherheit ob nicht mit dem APC Modell ein neues, preislich inflationäres System geschaffen wurde; einen hohen Grad an Komplexität aufgrund der vielen Stakeholder und Akteure; Ambivalenz aufgrund neuer Initiativen, jüngst Plan S.Ein VUCA Umfeld stellt ganz eigene Herausforderungen an jene die in einem solchen arbeiten und jene die Verantwortung tragen. Ist traditionelle Bibliotheksarbeit von hierarchischen Strukturen und formalisierten Prozessen geprägt, erfordert Arbeit in Bereichen wie E-Ressource Management auch flache Hierarchien und einen hohen Grad an Flexibilität in Hinblick auf Arbeitsprozesse. Beispielhaft seien hier Workflows im Rahmen von Open Access Abkommen genannt. In vielen Fällen sind diese in kontinuierlicher Entwicklung und verändern sich damit immer wieder. Zudem bedeutet dies, dass man nicht nur Nutzer eines vom Verlag vorgegeben Prozesses ist, sondern auch Mitentwickler, was eine neue, zusätzliche und dynamische Arbeit darstellt.Dieser Vortrag widmet sich in einem ersten Teil dem Konzept von VUCA und dessen Charakteristika. In einem zweiten Teil wird auf VUCA in der bibliothekarischen Arbeit eingegangen. Wo gibt es solche Arbeitsrealitäten und welche Anforderungen und Herausforderungen ergeben sich daraus für MitarbeiterInnen, Verantwortungsträger und die Organisation selbst. In einem letzten Teil soll dargestellt werden, wie es möglich sein kann diese verschiedenen Arbeitswelten in ein und derselben Organisation zu integrieren und die Potentiale, die sich aus Tätigkeiten in einem volatilen, unsicheren, complexen und ambivalenten Umfeld ergeben, bestmöglich für die Bibliothek und die Entwicklung der bibliothekarischen Arbeit zu nutzen.

Kurzbiografie Clara Ginther
Stellvertretende Abteilungsleiterin der Abt. Zeitschriften und Datenbanken
Zudem hat sie sich in den vergangenen Jahren intensiv mit Entwicklungen im Bibliothekswesen und der wissenschaftlichen Kommunikation befasst.


Studentische MitarbeiterInnen an Universitätsbibliotheken: Chancen und Grenzen.

Josef Kern (Katholische Universität Linz)

An den meisten Universitätsbibliotheken werden Studierende zur Unterstützung des Stammpersonals beschäftigt, wobei sich ihr Einsatz in der Regel auf einfache Aufgaben beschränkt. Dabei können sie durch ihre gleichzeitige Zugehörigkeit zur Hauptzielgruppe spezifische Perspektiven und Kompetenzen in das bibliothekarische Angebot einbringen. Im Vortrag werden Wege zur Erschließung dieser Ressourcen durch die Profilierung studentischer Bibliotheksarbeit aufgezeigt.


Mindset Wandel im Universitätslehrgang Library and Information Studies: Curriculum 2019 ein gesamtösterreichisches Modell

Gabriele Pum (Österreichische Nationalbibliothek)

Die rasanten Entwicklungen in unserem Berufsfeld fordern neben den üblichen inhaltlichen Anpassungen immer mehr neue innovative kollaborative Arbeitsformen und tempoangepasste Wissenserwerbsmethoden. Nach dreijähriger Entwicklungszeit an den bewährten Ausbildungsstandorten wurde mit Curriculum 2019 ein Modell gefunden, das in verschiedenen Zeitmodellen neben der Vermittlung der bibliothekarischen Kernkompetenzen eine Vielzahl an Wahlmodulen bietet, die sich an den aktuellen Bedürfnissen des Berufsfeldes orientieren und damit BerufseinsteigerInnen für aktuell geforderte Anstellungsprofile qualifizieren. Eine neue Ära ist durch dieses dynamische österreich weite Wahlmodulsystem eingeleitet.


Strategisches Kompetenzmanagement an wissenschaftlichen Bibliotheken – eine Antwort auf wachsende Herausforderungen und rasante Wandlungsprozesse?

Birgit Hörzer (Universität Graz)

Die Anforderungen an wissenschaftliche Bibliotheken sind in den letzten Jahren einem massiven Wandel unterworfen, womit sich auch die Anforderungen an das Bibliothekspersonal ändern und kontinuierlich steigen. Eine Vielzahl der sich wandelnden Rahmenbedingungen und Entwicklungen ist von Faktoren abhängig, die zu einem wesentlichen Teil außerhalb des Einflussbereiches der Bibliotheken liegen, es liegt jedoch in ihrem Verantwortungsbereich, ihre Personalstruktur entsprechend anzupassen und die Mitarbeiter/innen gezielt und bedarfsorientiert zu qualifizieren. Dies stellt vor dem Hintergrund der Schnelligkeit des Wandels eine enorme Herausforderung dar. Immer umfangreichere Informationsmengen, der voranschreitende Medienwandel, die steigende Bedeutung von Urheberrechts- und Datenschutzfragen in einer Online-Umgebung sowie die kontinuierlich wachsende Bedeutung von sozialen Netzwerken verändern die Erwartungshaltung der Nutzer/innen gegenüber der Bibliothek. Nicht die traditionellen Services entscheiden zukünftig über den Erfolg oder Misserfolg von Bibliotheken, sondern die Mehrwerte, die sie anbieten und sich damit von anderen Informationsanbieterinnen unterscheiden. Neue Serviceleistungen werden gewünscht, jedoch werden auch die Primärfunktionen nach wie vor nachgefragt. Für das Bibliothekspersonal bedeutet dies, dass Kompetenzen nicht einfach ausgetauscht werden können, sondern kontinuierlich erweitert werden müssen.Ein effektiver Weg, diesem Wandlungsprozess zu begegnen, stellt die Implementierung von strategischem Kompetenzmanagement dar. Kompetenzen werden in diesem Zusammenhang als Fähigkeit zur Selbstorganisation verstanden, Kompetenzentwicklung setzt wiederum die schöpferische Verarbeitung von Lerninhalten im Arbeitsprozess voraus. Wissensbasierte Einrichtungen sind erfolgreich, wenn sie Rahmenbedingungen schaffen, die die Weiterentwicklung der Mitarbeiter/innen ermöglichen und fördern. Der betriebliche Bildungsbereich erhält somit die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine kontinuierliche Kompetenzerweiterung von Mitarbeiter/innen und Führungskräften unterstützen und ermöglichen. Individuelle Lern- bzw. Kompetenzentwicklungsprozesse werden selbstorganisiert gestaltet, wobei die Implementierung von strategischem Kompetenzmanagement den organisatorischen Rahmen dafür schafft. Strategisches Kompetenzmanagement geht über das traditionelle Verständnis von Aus- und Weiterbildung hinaus, indem Selbstorganisation, innovative Lernkonzepte sowie die Identifizierung, Nutzung und Vermarktung von Kompetenzen integriert werden. Mitarbeiter/innen sollen befähigt werden, neue Herausforderungen zielgerichtet und professionell zu bewältigen. Bibliotheken sind daher angehalten, sich weg von einer klassischen Personalentwicklung hin zu einem kompetenzorientierten Personalmanagement zu entwickeln und den Kompetenzaufbau mit innovativen Lernsystemen begleitend voranzutreiben. Strategisches Kompetenzmanagement muss als Kernaufgabe wissensorientierter Führung gesehen werden, da die Bibliotheksmitarbeiter/innen einen zentralen Faktor zur Gewinnung von Wettbewerbsvorteilen darstellen. Der langfristige Erfolg von wissenschaftlichen Bibliotheken ist daher eng mit den Kompetenzen ihrer Mitarbeiter/innen verbunden, gleichzeitig ist eine erfolgreiche strategische Unternehmensentwicklung an die Qualität des strategischen Kompetenzmanagements gekoppelt.Wissenschaftliche Bibliotheken erneuern sich als lernende Organisationen auf Basis ihrer Kompetenzen. Kompetenzen entfalten sich in selbstorganisierten Lernprozessen. Im Rahmen dieses Vortrags soll nicht nur diskutiert werden, welchen Mehrwert wissenschaftliche Bibliotheken durch strategisches Kompetenzmanagement erwarten können, es werden auch konkrete Ideen zur erfolgreichen Implementierung vorgestellt.

Kurzbiografie Birgit Hörzer
Seit 1995 Mitarbeiterin der Universitätsbibliothek Graz
Seit 2009 Abteilungsleitung Buch- und Medienbearbeitung, Leitung Aus- und Fortbildung
Organisatorische Leitung Universitätslehrgang Library and Information Studies, MSc am Standort Graz


Bibliotheksmanagement in Zeiten von Alma & Co.

Eva Ramminger (Universitäts- und Landesbibliothek Tirol)

Die Einführung einer neuen Verwaltungssoftware im österreichischen Bibliotheksverbund führte zu tiefgreifenden Veränderungen in den täglichen Arbeitsprozessen. Der Umgang mit Alma ist jedoch nur ein Symptom einer Entwicklung, die in einer zunehmend technologiegetriebenen Arbeitswelt neue Herangehensweisen in der Leitung, Organisation und Planung unserer Aufgaben erfordern. Die Vortragende geht auf konkrete Problemstellungen ein und versucht, neue Lösungsansätze dafür zu finden. Ergänzt werden die Aussagen durch eine Umfrage, die im Vorfeld unter den ALMA-Verbundbibliotheken in Österreich durchgeführt wurde.

Kurzbiografie Eva Ramminger
Leiterin der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol
2017 führte die ULB als eine der ersten Pilotbibliotheken in Österreich die Software ALMA der Firma ExLibris Ltd. ein


Yes, we did it! – Fünf Jahre Inhalte „von der Community für die Community“ mit der Open Access Zeitschrift INFORMATIONSPRAXIS

Andreas Habermayer (Wirtschaftsuniversität Wien/Universitätsbibliothek)

Über den Lehrberuf Archiv-, Bibliotheks- und Informationsassistent/in (kurz ABI)
Die ABI-Lehre zählt zu den kaufmännisch-administrativen Ausbildungen in Österreich und wurde 2004 aufgrund einer gesetzlichen Forderung geschaffen. Sie entspricht analog den Ausbildungen „Fachangestellter für Medien- und Informationsdienste“ in Deutschland sowie „Fachmann Information und Dokumentation EFZ“ in der Schweiz. Die Lehre dauert nach Abschluss der allg. Schulpflicht in der Regel drei Jahre und ist nach dem Bundesgesetzblatt (BGBl) II Nr. 451/2004 geregelt. Die Lehrlinge werden in ganz Österreich ausgebildet, jedoch findet der theoretische Blockunterricht im Rahmen des dualen Ausbildungssystems an der Berufsschule für Handel und Reisen in Wien statt. Das Berufsprofil der Auszubildenden umfasst u.a. das Beschaffen, Erwerben und die Erschließung von Medien, Informationen und Daten, die technische Medienbearbeitung, Bestandspflege und Revision. Im Übrigen wird den Heranwachsenden der Umgang mit Benutzern, das Erteilen von Auskünften im Rahmen des Informationsdienstes und die Recherche in Datenbanken und -netzen vermittelt.

Von der Idee zur eigenständigen Plattform
Die Grundidee von abiLehre.com beruht auf einer geschlossenen Facebook-Gruppe, welche von Nathalie Feitsch im Jahr 2015 ins Leben gerufen wurde.

Die Gruppe sollte, die auf ganz Österreich verteilten Absolvent/innen, sowie aktuelle Auszubildende vernetzen. Das Fundament war somit gelegt, jedoch sollten die in der Gruppe geteilten Inhalte als Open Access-Variante jedem zugänglich sein, was eine von sozialen Netzwerken und von Unternehmen unabhängige Plattform erforderte.

Es sollte somit niemand zu einer Registrierung bei einer Firma (wie z.B. Facebook Inc.) gezwungen werden, um Teil des Geschehens zu werden und die Ressourcen nutzen zu können. Andreas Habermayer entwickelte diese Idee weiter und konzipierte gemeinsam mit Nathalie Feitsch die Webseite abiLehre.com.

Auf jener Seite erhalten Besucher/innen seit Dezember 2016 wissenswerte Informationen für die Zeit vor der Lehre (u.a. ausgeschriebene Lehrstellen, Bewerbungstipps), währenddessen (Glossare, Übungen und Hinweise) und nach der positiv abgeschlossenen Lehrabschlussprüfung (Weiterbildungsmöglichkeiten, Stellenausschreibungen passend zum Berufsbild). Ergänzend dazu, finden in regelmäßigen Abständen Veranstaltungen zur noch besseren Vernetzung statt.

Kurzbiografie Andreas Habermayer
Andreas Habermayer schloss im Jahr 2011 die Ausbildung zum ABI ab und ist seither an der UB der WU Wien tätig. Ab 2014 betreut er den Vorbereitungskurs zur Abschlussprüfung mit und ist seit 2018 Lehrlingsausbilder. Er ist Mitbegründer von abiLehre.com.